Prozesssicherheit- und Risikoanalyse-Methoden

Prozesssicherheit

Zur Umsetzung der Prozesssicherheit werden während der Planungs- und Projektphasen geeignete und anerkannte Untersuchungsmethoden wie ORA, PHA (HAZOP (PAAG), What-If) angewendet.

Diese Methoden zielen auf

    • die Identifikation potentieller Gefahren
    • die qualitative und quantitative Bewertung der Risiken
    • die Ermittlung und Bewertung wirtschaftlicher ingenieurmäßiger Lösungen zur Reduzierung bzw. Minimierung der ermittelten Risiken

Risikoanalyse-Methoden

PRA

Eine erste Risikoanalyse mit  Blick auf

  • Rohmaterialien
  • Zwischenprodukte und Fertigprodukte
  • den Prozess mit seinen Verfahrensgrößen
  • die technische Ausstattung
  • die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben

Ziele

Den Projektüberblick behalten: Um die wichtigsten Risiken vor dem Projektstart zu ermitteln, sollte die PRA möglichst frühzeitig -am besten vor dem Projektstart während der Konzepterstellung – durchgeführt werden.

Die Risikoergebnisse werden in einer Checkliste zur Sicherstellung der Umsetzung der beschlossenen Schutzmaßnahmen zusammengefasst.

Die korrekte Abschätzung der Kosten in Bezug auf die Prozesssicherheit kann damit vor Projekteinführung gewährleistet werden. Spätere Projekt- und somit Budgetänderungen werden minimiert.

ORA

Die erweiterte Fortschreibung der PRA ermittelt Risiken zu den Themen

  • technische Sicherheit
  • Brandschutz und Explosionsschutz
  • Umweltschutz
  • Arbeitssicherheit

Ziele

Neben der genannten Risikoermittlung werden in der ORA Fragen zu Gebäudestatik, Nachhaltigkeit, Sicherheit und Mikrobiologie (QA) gestellt, die von fachkompetenten unternehmensinternen Stellen zu beantworten sind.

Die ORA wird während des gesamten Projektes fortgeführt. Die Risiken, die in dieser erweiterten Analyse ermittelt wurden, werden in einer Checkliste zur Sicherstellung der Umsetzung der beschlossenen Schutzmaßnahmen zusammengefasst. Verantwortliche für die Umsetzung der geforderten Prozesssicherheit werden mit Zielterminen benannt.

PHA

Die PHA ist eine Team-basierende Gefahrenanalysemethode die erstellt werden muß, sofern dies gesetzlich gefordert ist.

Üblicherweise kommen die HAZOP oder die What-If-Methode in Frage. Welche Methode am besten geeignet ist hängt von dem Gefährdungspotential eines Prozesses ab.

Begonnen wird mit der PHA  idealerweise am Ende der Definitionsphase eines Projektes unter Berücksichtigung der zum Ende dieser Phase festgelegten Daten aus

  • Rohrleitungs- und Instrumentierungspläne (R &I Schemata)
  • Sicherheitsdatenblättern
  • geplanten Prozessparameter bzw. Designparameter

Zu beachten ist, dass die Qualität der PHA unmittelbar von Umfang und Genauigkeit der genannten Dokumente abhängig ist.

Ziele

Das Hauptziel ist, die Ursachen die zu Vorfällen wie Feuer, Explosion, Über-/ Unterdruck, chemische Reaktion bzw. Freisetzung etc. führen, zu ermitteln. Die interessierenden Punkte oder Ereignisse, welche den zu betrachtenden Bereich festlegen, sollten vorab in der PHA definiert worden sein.

Das PHA-Team schlägt fallspezifisch zusätzliche Schutzebenen, Notabschaltungsfunktionen, Kontrollgeräte und -anzeigen, Ausrüstung zur Schadensminimierung etc. vor. Ziel sollte sein, größere Vorfälle vorbeugend zu verhindern bzw. bei Eintritt eines Vorfalles Menschen, Umwelt und Anlagen vor Schäden zu schützen. Dazu gehören auch die Vermeidung von Geschäftsunterbrechungen und negativer Publicity aufgrund eines Schadensereignisses.

Die Ergebnisse, Empfehlungen und Beschlüsse aus der PHA sind mit den für Anlagen- bzw. Prozesssteuerung zuständigen Mitarbeitern abzustimmen. Zukünftige Änderungen werden in der PHA betrachtet, bewertet und dokumentiert. Die PHA gehört somit zur Anlagendokumentation.

Eine vorab erstellte, vorläufige PHA

kann zu einem früheren Zeitpunkt innerhalb eines Projektes sinnvoll sein. Sie hilft größere (neue) Gefährdungen frühzeitig, bevor Entscheidungen zum Design getroffen sind, zu ermitteln und somit teure bzw. aufwändige Änderungen  hinsichtlich  der gefordeten Prozesssicherheit zu vermeiden.

Gut zu wissen:  Die PHA und deren Untersuchungsergebnisse haben in der Vergangenheit einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit komplexer Prozesse gehabt.

PHA (HAZOP)

Die Gefährdungs- und Funktionssicherheits-Studie (HAZOP) ist in Deutschland auch als PAAG-Verfahren bekannt.

HAZOP ist ein Szenario basierendes Verfahren zur Ermittlung und Bewertung von Gefahren. Die Studie wird idealerweise am Ende der Definitionsphase des Projektes durchgeführt: Verfahrens- und Geräteschema sind  fertiggestellt, die Eigenschaften der Rohstoffe, Zwischenprodukte bzw. des Endproduktes sind bekannt, Daten wie z.B. Volumenstrom, Massenstrom, Füllstand, Druck, Konzentration oder Temperatur, können nachvollzogen werden.

Ziele

Im Team werden unter Benutzung sogenannter Orientierungsworte mögliche Abweichungen vom vorgesehenen Design bzw. Prozess und die daraus resultierenden Risiken ermittelt. Potentielle Konsequenzen werden untersucht, die Eignung bereits vorgesehener Sicherheitseinrichtungen bzw. -maßnahmen wird bewertet.

Darüber hinaus kann die HAZOP-Studie unter Verwendung der Häufigkeits- und Wahrscheinlichkeitsbewertung dazu verwendet werden, den erforderlichen SIL (Safety Integrated Level) eines Teilprozesses zu bestimmen. Daraus ergibt sich für die Designphase die korrekte Auswahl von Geräten und Systemen.

PHA (WHAT-IF)

Die What-If-Analyse ist eine strukturierte Brainstorming-Methode , mit der Wahrscheinlichkeit und Konsequenzen eines Fehler-Ereignisses eingeschätzt werden.
Basis für deren Durchführung sind die Prozessbeschreibung und das R&I-Schema.

Bei der Durchführung werden„Was passiert wenn….?“-Fragen gestellt und im Team beantwortet. Aus den  Antworten werden Wahrscheinlichkeit des Auftretens und Schwere des potentiellen Fehler-Ereignisses bestimmt und Empfehlungen für Schutzmaßnahmen in einer Arbeitsliste definiert. Termine und Verantwortliche für die Nachverfolgung werden benannt. In der anschließend durchgeführten Checklist-Analyse werden

alle anderen bekannten Gefährdungen, Konstruktionsmängel und potentielle Störfälle des betrachteten Systems betrachtet. So wird die Vollständigkeit der Risikoanalyse sichergestellt.

Vorteile der What-If-Analyse

    • einfach in der Anwendung
    • hilfreich für die Analyse einfacher Systeme, z.B. Produktionsmaschinen, Montagearbeitsplätze und Tätigkeiten in chemischen Prozessen
    • ohne spezielle Hilfsmittel oder Verfahrensweisen durchführbar
    • anwendbar von Personen mit Grundkenntnissen in der Gefahrenanalyse aus den verschiedensten Bereichen: Anlagenbetrieb und Instandhaltung, Konstruktion, Gebäudestatik, Prozess- und Anlagensicherheit etc.
    • jederzeit durchführbar: in der Konstruktionsphase, zur Fehlersuche, vor Inspektions- und Wartungsarbeiten etc.
    • Ergebnisse stehen sofort zur Verfügung und können zumeist schnell umgesetzt werden

Nachteile der What-If-Analyse

    • erfordert Erfahrung und Intuition für mögliche Gefahren
    • ist sehr subjektiv im Vergleich zu anderen Methoden; HAZOP z.B. ist formaler und systematischer in der Vorgehensweise
    • Gefahrenpotentiale können übersehen werden, wenn nicht alle erforderlichen Fragenstellungen erkannt werden; in Kombination mit der Checklist-Methode kann dies vermieden bzw. weiter minimiert werden

Gut zu wissen: Für Prozessschritte mit einem höheren Gefährdungspotential ist die HAZOP-Methode besser geeignet.

PROZESS-SICHERHEITSSTUDIE

In der Prozesssicherheitsstudie werden Gefahren aus

  • Über- und Unterdruck
  • thermischer Expansion und Sprödbruch
  • Feuer- und Explosion
  • Zündquellen
  • Chemikalienfreisetzung und chemischer Reaktion
  • menschlichen Faktoren

mit ihrer Risikokennzahl bewertet und den entsprechenden erforderlichen Schutzmaßnahmen gegenübergestellt.

Idealerweise wird die Prozesssicherheitsstudie parallel zum Designfortschritt erstellt. Damit wird frühzeitig sichergestellt, dass die Sicherheitsanforderungen im Design berücksichtigt sind und Konstruktionsänderungen zu einem späteren Zeitpunkt vermieden werden

Gut zu Wissen: Auch Berechnungen zu den Volumenströmen und Druckverhältnissen mit den sich hieraus ergebenden erforderlichen Abmessungen und Spezifikationen von Druckentlastunggseinrichtungen sind Teil der Prozesssicherheitsstudie.
Hierzu gehört auch die Betrachtung für den Brandfall. Unzulässiger Überdruck in Behältern bzw. Tanks durch externes Feuer wird durch die korrekte Auslegung und Auswahl geeigneter Entlüftungseinrichtungen vermieden.

Informationen für die Prozess-Sicherheitsstudie liefern folgende Dokumente:

  • Rohrleitungs- und Instrumentierungsplan (R&I Schema)
  • Prozess-Fluss-Diagramm (PFD)
  • Anlagen- und Komponentenzeichnungen
  • Ex-Zonenplan
  • Datenblätter aller installierten Geräte (Gerätekategorie, -gruppe, -schutzniveau, Temperaturklasse etc.)
  • Sicherheitsdatenblätter aller eingesetzten Stoffe
  • Verfahrensbeschreibung
  • Prozessparameter
  • Anlagen-Lageplan (Draufsicht)

Andreas Seiffer

Prozess- und Anlagensicherheit
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KOMPETENTE BERATUNGSLEISTUNGEN AUS EINER HAND

  • Projektbegleitende Beratung und Risikoanalysen
  • Beratung bei neuen Projekten und Änderungen von Altanlagen unter Berücksichtigung der Betriebssicherheitsverordnung
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